Am 26. Januar dieses Jahres starb Rusty York, Bluegrass-Musiker, Rockabilly-Sänger, Schallplattenproduzent, Label- und Studiobesitzer und Freund von Bear Family Records, an den Folgen seiner Alzheimer-Erkrankung. Sein Leben war eine Erfolgsstory im Musikgeschäft – und das ohne großen Hit und ohne einen erfolgreichen Song. Er betrieb ein Studio am nördlichen Stadtrand von Cincinnati. Nahezu jeder in der Gegend, der Aufnahmen machte wollte, kam zu ihm. Rusty York war ein in jeder Hinsicht unaufdringlicher Typ, nur sein Rolls Royce ließ seinen Erfolg ahnen.
Charles Edward York wurde am 24. Mai 1935 in Gray’s Knob in der Nähe von Harlan in Kentucky geboren. Sein Vater war Minenarbeiter, der Beginn seiner Karriere war vorhersehbar: Daddy brachte ihm einige Akkorde bei; er hörte die Übertragungen aus der Grand Ole Opry in Nashville und von Mid-Day Merry-Go-Round aus Knoxville. Er schnappte hier und dort etwas auf und wurde just zu jener Zeit erwachsen, als Bluegrass geboren wurde. Er zählte zu den Fans der ersten Stunde, hörte die Pioniere der Musik und eiferte ihnen nach. An Rustys siebzehntem Geburtstag am 24. Mai 1952 zogen die Yorks aus dem ländlichen Kentucky nach Cincinnati. Aus Charles Edward York wurde ‚Rusty York‘. Seine Schwester hatte ihm eine Gitarre gekauft, auf der ‚Rusty‘ in acht Zentimeter großen goldenen Buchstaben aufgeklebt war.„Ich glaubte, Rock ’n‘ Roll wäre eine Eintagsfliege und ich würde bald zum Country zurückkehren,“ sagte Rusty später. Es gab eine Single zusammen mit Jackie DeShannon, gefolgt von Rustys einzigem Hit, einer Coverversion von Sugaree, im Original von den Jordanaires. „Wir brachten die Aufnahme zu RCA, zu Mercury, eigentlich zu jeder Plattenfirma. Doch niemand war daran interessiert. Daraufhin brachten wir sie auf unserem eigenen Label heraus“, erinnerte sich Rusty später. Schließlich wurde die Single auf Chess veröffentlicht und wurde zum Hit. Rusty trat bei Record Hops und in der ‚Saturday Night Beechnut Show‘ von Dick Clark auf. Es sah aus wie der Beginn einer steilen Karriere. Die war allerdings vorbei, kaum dass sie begonnen hatte.
Es gab weitere Singles auf weiteren Labels, doch ohne nachhaltigen Erfolg. Die besten Aufnahmen sind auf der CD ‚Rusty Rocks‘ auf Bear Family zusammengefasst. Rusty trat bei der Hy Lit Show in Philadelphia auf. Auf dem Weg zu seinem Auto fragten ihn zwei Jungs nach einem Autogramm. Er unterschrieb – und die beiden zerrissen die Seiten vor seine Augen. Es war an der Zeit, auszusteigen. Er wurde Mitglied von Bobby Bares Band und rief Jewel Records in Leben (benannt nach The Precious Jewel, einem Song von Roy Acuff, und nach den ‚Little Jewel‘-Zigarren, die er rauchte). Etwa 1970 zog er sich komplett aus dem Tourgeschäft zurück, was er nie bedauert hat. „Als ich ausstieg, verdiente ich etwa fünfzig Dollar am Abend. Ich glaube, Musiker verdienen heute kaum mehr. Ich kam soeben über die Runden. Meine elektrische Gitarre blieb für immer ausgestöpselt. Ich hatte erkannt, dass es einen sicheren und einen riskanten Weg in diesem Business gab. Ich wollte auf der sicheren Seite stehen und nicht mit dreißig als ausgelaugter Entertainer dastehen.“
Colin Escott